Tierarzt München - Tierarztpraxis Dr. Claudia Möller

Kleintierpraxis
Dr. med. vet. Claudia Möller

Allgemeinmedizin - Dr. med. vet. Claudia Möller - München

Grundlagen der Allgemeinmedizin bei Haustieren

Allgemeinmedizin bei Haustieren - Kleintierpraxis Dr. Möller in München Ramersdorf - Beratung und Behandlung"Der Arbeitsbereich der Allgemeinmedizin beinhaltet die Grundversorgung aller Patienten mit körperlichen und seelischen Gesundheitsstörungen in der Akut- und Langzeitversorgung sowie wesentliche Bereiche der Prävention (Vorsorge) und Rehabilitation. Allgemeinärzte sind darauf spezialisiert, als erste ärztliche Ansprechpartner bei allen Gesundheitsproblemen zu beraten."

 

Diese Definition der Allgemeinmedizin (Wikipedia) gilt für die tierärztliche Praxis ebenso wie für den Humanbereich.

 

Ein Beispiel finden Sie im nachfolgenden Artikel.

 

Ist die Harnwegserkrankung psychisch bedingt? Wir beraten, wie die Situation verbessert werden kann.

 

Ist sie durch Steine verursacht? Wir operieren und planen mit Ihnen Prophylaxemaßnahmen.

 

Muß eine spezielle Operation (Penisamputation) durchgeführt werden? Wir klären über mögliche Komplikationen auf und nennen Ihnen Spezialisten.

 

Beispiel: Harnwegserkrankungen bei der Katze

Kein „kleines" Geschäft
Das Ausscheidungsverhalten spielt im Leben der Katze eine große Rolle. Kleine Kätzchen inspizieren die Streu, folgen ihrem Menschen auf die Toilette, kuscheln sich zu zweit in den Sand, üben Synchronpiseln und beobachten jede Ihrer Katzentoiletten-Reinigungsmaßnahme genau. Der Harnabsatz ist für Katzen also kein nebensächliches sondern ein sehr wichtiges Geschäft. Die Regel ist einfach und sollte bekannt sein: eine einzeln gehaltene Katze benötigt zwei Toiletten, für jede weitere Katze muss ein weiteres Katzenklo angeschafft werden. Wenn sich diese Regel nicht herumgesprochen haben sollte, dann liegt es daran, dass manche Katzen sehr kompromissbereit sind. Zufrieden mit sich und den Umständen, begnügen sie sich auch mit einer Toilette, selbst wenn diese einen Deckel hat, der den Geruch im Inneren bis zur Unerträglichkeit konzentriert. Macht nichts, alles andere sonst ist okay und eine gewisse Dickfelligkeit lässt auch diese Widernisse ertragen. Manch andere Katze allerdings reagiert sensibler. Sie protestiert und pieselt auf den Badvorleger. Vielleicht nicht immer, aber wenn Frauchen auf einmal acht statt fünf Stunden in der Arbeit ist oder ein Fremder plötzlich ihre Aufmerksamkeit beansprucht - und dann noch das stinkende Klo- ! Nein danke! Jetzt wird in die Küche gepinkelt. Das Fass ist übergelaufen. Ärgern Sie sich nicht, sondern beachten Sie bitte dieses Alarmzeichen, den Ruf in höchste Not und das deutliche und wertvolle Gesprächsangebot ihrer Katze.

 

Alarmzeichen
Anders sieht die Sache aus, wenn eine Katze blutigen Urin absetzt. Manch Katzenhalter konsultiert den Tierarzt nur, wenn blutiger Urin (Hämaturie) außerhalb der Toilette (Periurie) auffällt. Dann kann es ja kein Erziehungs- oder Verhaltensproblem sein, nein, hier muss ein medizinisches Problem vorliegen und das gehört in tierärztliche Hände. Aber Vorsicht! Ein Großteil der vermeintlich rein organisch bedingten Harnblasenentzündung hat ebenfalls psychische Ursachen. Nehmen wir einmal Leila. Der hübsche Burmesenmischling wurde vor etwa einem halben Jahr aus dem Tierheim geholt und lebt mit einer sehr netten Familie und einer zweiten Katze zusammen. Die zweite Katze liebt Leila. Diese scheint jedoch eher ein einzelgängerischer Typ zu sein und erduldet mehr oder weniger die Liebesbekundungen ihrer Mitkatze. Ansonsten ist Leila eine sehr duldsame, verschmuste und neugierige Katze. Vor etwa drei Wochen durfte Leila das erste Mal nach draußen. Zögerlich begab sie sich in die Freiheit und kam nach einem regnerischen Tag prompt mit einer Blasenentzündung zurück. Sie setzte häufig kleine Mengen Harn ab (Pollakisurie) und zeigte dabei Schmerzsymptome (Strangurie), das heißt, sie setzte unter Miauen außerhalb der Katzentoilette kleine Mengen blutigen Urins ab. Eine Rassekatze, die erstmalig bei regnerischem Aprilwetter unterwegs ist und blutigen Harn absetzt - das kann ja nur eine Blaseninfektion sein! Der Gedanke ist nahe liegend, aber nicht unbedingt richtig. Leila kommt also in die Tierarztpraxis und wird dort vorgestellt. Burmese, Aprilwetter, erster Freigang? Das kann eine Blasenentzündung sein oder aber auch ein Problem mit Harngries oder Blasensteinen, denn die Burmesen besitzen - ebenso wie Himalayakatzen, Perser oder Kurzhaarkatzen eine Rasseprädisposition für Harnsteine.


Blut im Urin - was bedeutet das?
Aber eventuell hat Leila ja auch ein völlig anderes Problem? Noch vor kurzem bestand die Standardtherapie der Symptome: blutiger Urin, Harnabsatzstörung (Miktionsstörung) und Unsauberkeit aus der Gabe von blasenwirksamen Antibiotika, krampflösenden Mittel (Spasmolytika), welche den Blasenschließmuskel und die Harnröhre entspannen sollten und harnansäuernden Medikamenten oder Futtermitteln. Vielen Katzen hat dies geholfen - aber nicht allen. Warum, das weiß man erst seit kurzer Zeit. Wir dürfen nie vergessen, dass der Körper auch zu Spontanheilungen befähigt ist, eine Tatsache, die bei Krankheiten in der Bezeichnung „selbstlimitierend" ihren Ausdruck findet. Neueste internationale und groß angelegte Studien erbrachten ähnliche Ergebnisse und überbrachten uns folgende Erkenntnisse: Nur ein kleiner Teil aller Blasenentzündungen sind bakteriell bedingt. Kristalle und Steine spielen bei Harnabsatzstörungen ebenfalls eine untergeordnete Rolle. Diese Neuigkeit mag überraschen. Immerhin gehören Harnstein bedingte plötzliche Harnverhaltungen zu den dramatischsten Krankheiten in der Katzenmedizin überhaupt. Aus diesem Grunde sind sie recht populär. Schauen wir sie uns einmal genauer an: Aus Futterbestandteilen stammende Mineralstoffe können sich im Urin ansammeln und je nach Qualität unterschiedliche Steinsorten bilden, die teilweise herausoperiert werden müssen oder aber auch durch harnansäuernde Diäten aufgelöst werden können. Wenn ein solcher Harnstein die enge, S-förmige Harnröhre eines Katers verstopft, so kann dieser keinen Urin absetzen, der Harn staut sich in die Nieren, der Kater wird sehr krank, erbricht sich, sein, das Herz schädigende Kalium steigt und er ist ein Notfall, der unverzüglich in die Intensivstation muss. Häufen sich diese Attacken, dann muss dem Kater nach wiederholtem Rückfall der Penis amputiert werden.

 

Idiopathisch oder „Wir wissen es nicht"
Spektakuläre Fälle wie diese stellen allerdings nach neuesten Untersuchungen nur einen kleinen Teil der Notfälle mit Symptomen der ableitenden Harnwegen dar. Und auch bakterielle Infektionen, wie sie bei Leila vermutet wurde,machen lediglich circa zwanzig Prozent aller Harnwegsprobleme (FLUDT, Feline Lower Urinary Tract Disease) aus. Ihr Anteil an Erkrankungen der Harnwege liegt wie der von Harngries- und Steinenrkrankungen je nach Studie bei etwa 20 Prozent. Angeborene Defekte, Tumore und andere Besonderheiten sind nur in Ausnahmefällen für Krankheiten der ableitenden Harnwege verantwortlich. Mit etwa zwei Drittel aller Fälle stellt die idiopathische Zystitis den weitaus größten Teil der Harnwegserkrankungen der Katze dar. „Idiopathisch" bedeutet, dass die Ursache nicht bekannt ist. Allerdings tappen wir bei Weitem nicht mehr so im Dunklen wie noch vor Jahren. Ähnlich wie bei der interstitiellen Zystitis des Menschen, die unsere Humankollegen ebenfalls vor eine große Herausforderung stellen, ist die idiopathische Blasenentzündung der Katze ein multifaktorielles Geschehen. Sie hat also mehrere, zum Teil noch unbekannte Faktoren. Gesichert scheint bisher Folgendes: Katzen mit Blasenentzündungen, bei denen weder Bakterien noch Kristalle, Steine, Tumore oder andere Abnormitäten festgestellt werden können, zeigen in aufwendigen Versuchen eine besondere Art mit Stress umzugehen. Ihre Gehirn- und Nervenreaktionen zeigen Schwächen in der Verarbeitung von Stress. Komplizierte Untersuchungen und Stresshormonmessungen belegen das eindeutig. Zweitens: Katzen, die zu Blasenproblemen neigen, haben häufig Defekte im Aufbau des die Blase auskleidenden Gewebes. Entsprechendes ist vom Menschen bekannt. Ähnlich kleinen Löchern im Epithel der Blasenschleimhaut finden sich unzureichende Vernetzungen der Glykosaminglycane. Gleichzeitig ist die Zahl der Schmerzrezeptoren in der Blasenschleimhaut erhöht. Das bedeutet, dass Katzen, die Schwierigkeiten haben, mit Stresssituationen umzugehen, leichter an Harnblasenstörungen erkranken. Die daraus resultierenden Schmerzen werden verstärkt wahrgenommen, was wiederum zu mehr Stress führt. Auch scheinen, drittens, bestimmte Harnbestandteile das ohnehin überempfindliche Blasenepithel zu reizen. Das können normalerweise vorkommende Mineralstoffe wie Kalium oder Magnesium, aber auch ein niedriger, also saurer Säure-Basen-Wert sein.


Diagnose oder Therapieversuch?
Wie können wir dieses Wissen konkret und zum Nutzen unserer Katze einsetzen? Indem wir vor der Behandlung mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln eine Diagnose stellen. Mithilfe einer Urinuntersuchung lässt sich sehr schnell und einfach Blut, Stoffwechselprodukte von Bakterien, die Konzentration des Urins und sein Säure-Basenwert (pH-Wert) bestimmen, Wenn der Urin zentrifugiert und mikroskopiert wird, sind Kristalle, Zellen und Bakterien nachweisbar. Zum Glück sind blasenkranke Katzen in der Mehrzahl plötzlich unsauber, so dass der Urin mit einer Spritze einfach aufgesogen werden kann. Waschbare Katzenstreu, Aquariumsand oder die Zwangsinhaftierung in einem Katzenkorb aus Plastik ohne Decke sind mögliche Alternativen. Bakterien können nur sicher ausgeschlossen werden, wenn der Urin unter Ultraschallkontrolle mit Hilfe einer Spritze aus der Blase gezogen wird (Zystozentese). Das mag abschreckend klingen, ist aber ein harmloser und einfacher Eingriff. Katheterharn oder vom Boden aufgezogener Urin ist mit Umweltkeimen belastet und daher nicht aussagekräftig. Röntgenbilder können Steine, die in, aber auch außerhalb der Blase, beispielsweise in der Harnröhre, den Harnleitern oder den Nieren liegen, zeigen. Eine Blutuntersuchung gibt Auskunft über mögliche infektiöse Geschehen oder eine eventuelle Schädigung der Nieren. Im Ultraschall sind die Blasenwand sowie der Blaseninhalt sehr gut zu beurteilen. Tumore können ausgeschlossen werden und das Ausmaß der Schädigung der Blasenwand sowie mögliche Stein- und Kristallbildungen sind gut zu beurteilen. Weiterführende Untersuchungen wie Kontrastmittel- oder endoskopische (Schlüssellochtechnik) Untersuchungen sind nur sehr selten notwendig. Und jetzt, zum Schluß, wenn alle Untersuchungen keinen Hinweis für Bakterien, Kristalle, Steine, Tumore oder andere seltene Einengungen der Harnröhre ergeben haben (ganz vereinzelt müssen auch Krankheiten, die mit einer erhöhten Blutungsneigung einher gehen in Betracht gezogen werden), erst jetzt kann die Diagnose „idiopathische Zystitis" gestellt werden.

 

Der kürzeste Weg

Leila wurde mit einem speziellen Blasenantibiotikum behandelt und bekam Tabletten mit Glycosaminglycanen, die sich günstig auf die Blasenschleimhaut auswirken. Nach drei Tagen verschwanden die Symptome. Sie kamen allerdings zwei Tage, nachdem das Antibiotikum abgesetzt worden war wieder. Für die Katzenhalter schien es nahe liegend, dass Leila das Antibiotikum eben etwas länger bräuchte. Dabei sah die Sache ganz anders aus: Nur 10% der weiblichen Katzen unter zehn Jahren mit Blasenentzündungen haben ein bakterielles Problem und brauchen Antibiotika. Hätte Leila zu den 10% gehört, dann hätte sie, da dieses Mittel in der Regel sehr wirksam ist, sehr wahrscheinlich keinen Rückfall bekommen. Parallel und trotz der Antibiotikagabe hatte eine Selbstheilung eingesetzt. In nachfolgenden Harn-, Röntgen-, und Ultraschalluntersuchungen konnten bis auf eine entzündlich veränderte Blasenschleimhaut keine weiteren Besonderheiten festgestellt werden. Die bakterielle Untersuchung des Harnes war negativ. Leila hatte eine idiopathische Zystitis. Um weitere Schübe zu verhindern, machten wir uns auf die Suche nach möglichen Stressoren. Weder der Umzug aus dem Tierheim noch die Mitkatze hatten Leila gestresst, sondern ein Kater, den Leila von ihrem Grundstück vertreiben musste. Deswegen war sie auch nur zögerlich hinausgegangen. Territoriale Auseinandersetzungen werden vor allem von Kätzinnen sehr Ernst genommen und können sie psychisch sehr belasten. Vielleicht ist Leila den Strapazen einer Freigängerin nicht gewachsen und sollte lieber im Haus bleiben, zumal sie sowieso nicht unbedingt hinaus will. Statt einem Katzenklo mit Deckel wird die Besitzerin nun drei Toiletten ohne Deckel im Haus verteilen. Gleichzeitig stellt sie von Trocken- auf Feuchtfutter um und bietet Wasser an verschiedenen Orten und aus unterschiedlichen Gefäßen an, um die Trinkmenge zu erhöhen. Damit wird Leilas Blase besser gespült, so sammeln sich weniger Reizstoffe im Urin. Vorübergehend bekam Leila nun lediglich ein Schmerzmittel, da bei der idiopathischen Zystitis mehr Schmerzrezeptoren in der Blase sind als bei gesunden Katzen. Das tut weh und erhöht wiederum den Stress. Die Glykosaminglycantabletten, die glättend auf die innere Blasenwand wirken, nahm sie weiterhin. Die Katzenhalter waren nun froh, durch die Untersuchungen Leilas Problem auf den Grund gegangen zu sein. Und es hat sich für sie gelohnt. Dadurch werden in Zukunft keine oder seltene Rückfälle und daher geringere Tierarztbesuche und damit -kosten entstehen. Auch Leila wird es ihnen danken, denn durch die ursächliche Behandlung des Blasenproblems wird sie zukünftig weniger Schmerzen erleiden und ein zufriedenes Leben zu führen!

 

Allgemeinärztin für Haustiere in München - Dr. Claudia Möller